Burnout erkennen: Die 12 Stufen der Erschöpfung
Alexandra Schräder
11/26/20245 min lesen
Was ist Burnout?
Burnout beschreibt einen Zustand tiefer emotionaler, körperlicher und geistiger Erschöpfung, der meist durch anhaltenden Stress oder Überforderung ausgelöst wird. Es betrifft Menschen, die über längere Zeit ihre eigenen Bedürfnisse ignorieren, sich in Arbeit oder andere Verpflichtungen stürzen und irgendwann nicht mehr die Kraft finden, ihren Alltag zu bewältigen. Offiziell wird Burnout nicht als eigenständige Krankheit angesehen, sondern als Syndrom bzw. als "Faktor, der den Gesundheitszustand beeinflusst".* Dies sagt allerdings nichts über den Leidensdruck aus, den Betroffene verspüren.
Es ist ein Prozess, der oft schleichend beginnt. Genau hier liegt die Chance! Wenn du die Symptome frühzeitig erkennst, kannst du gegensteuern, bevor sich die Erschöpfung nachhaltige Auswirkungen auf deine Gesundheit hat.
Die 12 Stufen des Stresses nach Freudenberger
Ein hilfreiches und heute sehr anerkanntes Modell, um die Auswirkungen von Stress besser zu verstehen, ist das 12-Stufen-Modell von Freudenberger. Es beschreibt, wie Stress sich langsam aufbaut, bis wir uns in einem Teufelskreis wiederfinden. Der Verlauf eines Burnouts ist allerdings sehr individuell, sodass die Burnout-Phasen nicht in dieser Reihenfolge ablaufen & auch nicht alle zwingend auftreten müssen. Zudem können sie sich in ihrer Intensität unterscheiden.
1. Der Drang, sich zu beweisen
Du hast hohe Ansprüche an dich selbst und möchtest es dir und deinem Umfeld beweisen. Versagensängste bestehen. Dieses Verhalten an sich ist nicht zwingend der erste Schritt Richtung Burnout, aber ein Risikofaktor.
2. Verstärkter Einsatz
Du entwickelst ein starkes Bedürfnis, dich zu beweisen, und setzt alles daran, allen Erwartungen gerecht zu werden. Überstunden gehören für dich dazu, genauso wie das Übernehmen zusätzlicher Aufgaben. Mittagspausen fallen aus und selbst im Urlaub oder am Wochenende bleibst du erreichbar – schließlich willst du nichts verpassen! Du hast das Gefühl alles alleine machen zu müssen. Das Abgeben von Aufgaben fällt dir zunehmend schwer.
3. Vernachlässigung eigener Bedürfnisse
Nach und nach beginnt sich deine Wahrnehmung zu verändern. Die vielen Überstunden und der ständige Einsatz werden für dich zur Normalität – vielleicht empfindest du sie sogar als erfüllend. Kolleg:innen, die weniger engagiert sind, erscheinen dir zunehmend unverständlich. Freizeit, gesunde Ernährung oder Sport? Diese Dinge verlieren an Bedeutung. Bei der Arbeit schleichen sich erste Fehler ein. Du kannst dich schlecht konzentrieren, fühlst sich zunehmend überfordert, schiebst Aufgaben auf und es kommt zu einem Teufelskreis. Die Kraft, die benötigt wird, um die Arbeitsleistung aufrechtzuerhalten, wird immer grösser. Um dies zu kompensieren, arbeitest du noch länger, was auf Kosten deiner Erholungszeit geht.
4. Verdrängung von Konflikten & Bedürfnissen
Fehler wie das Vergessen von Terminen oder dem Erledigen von Aufgaben häufen sich, was zu Konflikten führt. Dein Umfeld versteht einfach nicht, wie viel du zu tun hast. Diese Konflikte bspw. mit der Arbeitskollegin oder dem Partner/der Partnerin werden genauso wie erste körperlichen oder psychosomatische Symptomen verdrängt.
5. Umdeutung der Werte
In dieser Phase stumpfst du allmählich ab. Dinge, die dir früher wichtig waren, rücken in den Hintergrund. Dein Fokus verengt sich zunehmend auf die Arbeit und die täglichen Herausforderungen. Soziale Kontakte, die dir früher Freude bereitet haben, fühlen sich jetzt eher wie eine zusätzliche Belastung an.
6. Verleugnung von Problemen
Dir fehlt die Anerkennung deines Umfelds. Du merkst, dass du dich selbst nicht mehr richtig verstehst. Wo ist die Begeisterung geblieben, die dich am Anfang angetrieben hat? Deinem Umfeld begegnest du zunehmend zynisch und distanziert, mit wenig Geduld und Toleranz. Gleichzeitig lässt deine Leistungsfähigkeit nach – doch du willst es dir nicht eingestehen. Körperliche Beschwerden (Verspannungen, Rücken-, Kopfschmerzen, Magen-Darm) verstärken sich.
7. Rückzug
Wenn du zuvor bereits deine Kontakte reduziert hast, ziehst du dich jetzt noch stärker zurück. Familie und Freunde empfindest du eher als belastend statt unterstützend. Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit machen sich breit. Möglicherweise suchst du Ablenkung in exzessivem Sport, übermäßigem Shopping oder Alkohol. Dein Job wird zur reinen Pflicht – ein „Dienst nach Vorschrift“, ohne die frühere Motivation.
8. Verhaltensänderung
Fällt dir selbst auf, dass du dich verändert hast? Vielleicht ein bisschen – doch vor allem merkt es dein Umfeld. Hilfsangebote schlägst du oft ab, wirkst teilnahmslos und desinteressiert. Alles wird als Angriff empfunden. Du wirst zunehmend gleichgültig, sowohl privat als auch beruflich. Während einige sich an einzelne Personen klammern, meiden andere soziale Kontakte komplett. Im Job bist du kaum noch in der Lage, zusätzliche Aufgaben zu bewältigen, da dir die Energie fehlt.
9. Depersonalisierung
Du fühlst dich, als wärst du nicht mehr du selbst. Es ist, als hättest du den Kontakt zu dir verloren. Du fühlst dich wie eine „Maschine, die funktionieren muss", wie "im Autopilot" oder "im Hamsterrad" gefangen. Die Erholungsfähigkeit ist verloren, dein Selbstwertgefühl ist sehr gering und bei der Arbeit wird nur noch das Nötigste erledigt. Es fehlt dir an Kraft auszusteigen. Dein Leben wirkt sinnlos und leer.
10. Innere Leere
Du fühlst dich völlig ausgelaugt, innerlich leer oder von ständiger Angst begleitet. Diese Leere scheint alles zu überdecken, und vielleicht versuchst du, sie durch exzessives Verhalten zu kompensieren – sei es durch Shopping, Essen oder andere Ablenkungen. Doch nichts davon gibt dir wirklich das Gefühl, wieder lebendig zu sein. In der Phase können sich Phobien entwickeln und es kann zu Panikattacken kommen.
11. Despression
Dein Leben erscheint dir ausschliesslich negativ und sinnlos. Du fühlst dich verzweifelt, ohne Hoffnung und von einer tiefen Kraft- und Antriebslosigkeit erdrückt. In dieser Phase können sich Gedanken an Selbstmord einschleichen – ein Zeichen dafür, wie überwältigend der Zustand geworden ist und wie dringend Unterstützung gebraucht wird.
12. Völlige Erschöpfung
In diesem Stadium befindest du dich in einer tiefen Krise. Dein Körper, deine Emotionen und dein Geist sind völlig erschöpft – ein kompletter Zusammenbruch. Die Situation wirkt überwältigend, und die Gefahr von Suizidgedanken ist in diesem Moment besonders hoch. Es ist jetzt entscheidend, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Findest du dich in den Modellphasen wieder?
Ich kann mich noch so genau an den Moment erinnern, in welchem ich das Modell zum ersten Mal gesehen habe. Es war Jahre nach meinem ersten Burnout und ich konnte es nicht fassen, wie sehr die einzelnen Stufen mit dem übereinstimmten, was ich ich selbst erlebt hatte. In dem Moment war ein Gedanke besonders präsent: "Wenn ich das damals schon gewusst hätte...". Die ersten Phasen des Modells erscheinen im anspruchsvollen Berufsalltag (leider) fast "normal" und man würde nie auf die Idee kommen, dass es bereits der Beginn der "Abwärtsspirale" sein könnte. Und genau diese Tatsache ist so gefährlich!
Wenn du dich in den Beispielen und Beschreibungen wiederfindest, sieh dies als Zeichen dich um deine mentale Gesundheit zu kümmern & dir Hilfe zu suchen.
Du befindest dich in den ersten Phasen des Burnoutverlaufs: Hier kann ein grösseres Bewusstsein & das Erleben von Achtsamkeit, effektiver Erholung und emotionaler Distanzierung helfen. Melde dich bei mir & wir schauen uns deine persönliche Situation gemeinsam an
Du befindest dich in den letzten Phasen des Burnoutverlaufs: Bitte nehme die Warnsignale ernst und wende dich an eine psychologische Fachkraft in deiner Nähe.
*ICD-11, Code QD85
ALEXANDRA SCHRÄDER
Gesunder Umgang mit Stress & Beruf
Stressmanagement & Burnout Prävention
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